Rezension - Grenzlandtage

Grenzlandtage von Peer Martin und Antonia Michaelis aus dem Oetinger Verlag



Ein Buch in dem Alles unwirklich scheint und die Geschichte doch so nah an der Realität ist, sodass es einen nicht mehr loslässt.

Ein Buch, das ein Thema aufgreift, das viel diskutiert wird und dieses in eine Liebesgeschichte verpackt, die einen auf vielen Ebenen berührt und zum Nachdenken bringt. 





Allgemeine Informationen

Autor(in): Peer Martin und Antonia Michaelis
Verlag: Oetinger
Erschienen: Dezember 2016
Seiten: 464
ISBN: 978-3-8415-0469-2
Preis: 13,99€ (broschiert) 


Inhalt und Meinung

Jule fliegt alleine nach Griechenland auf eine kleine Insel - eigentlich sollte ihre Freundin Evelyn sie begleiten. 
Asman ist ebenfalls auf dieser Insel, er ist aber deutlich weniger entspannt dort hingekommen und auch nicht dort um Urlaub zu machen. 
Asman ist ein Syrischer Flüchtling und als Jule das erfährt versucht sie ihm so gut es möglich ist zu helfen. Dadurch entwickelt sich eine Liebesgeschichte, die überhaupt nicht kitschig und äußerst spannend ist. 

Die ganze Geschichte scheint sehr unwirklich, da der Schreibstil sehr bildhaft ist und dadurch weiß man die ganze Zeit nicht, was real ist und was nicht. 
Da nur Jule Asman trifft könnte es auch genau so gut sein, dass Jule sich den jungen Mann und seine Gruppe nur einbildet. 
Gerade am Anfang habe ich eher an einen Traum gedacht, den Jule durchlebt. Ab einem bestimmten Moment hat man dann aber den Eindruck, dass das was passiert doch real ist. Dieser Eindruck bleibt allerdings nicht lange, sodass es die ganze Zeit spannend bleibt. 

Aber nicht nur aus diesem Grund ist das Buch wirklich spannend. Auch durch die Geschichte um Jule und Asman bleibt es sehr interessant. Sie fühlen sich unglaublich zu einander hingezogen, Jule behauptet zum Beispiel von dem Kuss zwischen den Beiden, dass er etwas ganz besonderes gewesen sei. Auf der anderen Seite können die Zwei aber nicht richtig zusammenfinden, weil sie einander nicht richtig vertrauen. Sie kennen sich nicht richtig und keiner weiß in was für einer Welt der jeweils andere lebt bzw. gelebt hat. 
Jule will unbedingt helfen und erkundigt sich im Netz über die Flüchtlingssituation. Asman sieht in Jule auf der einen Seite Hoffnung, auf der anderen Seite macht er ihr Vorwürfe, weil sie helfen will, aber gar keine Ahnung hat, was passiert ist und was die Flüchtlinge erwartet. Allerdings weiß auch Asman nicht was sie erwartet, er kann ebenfalls nur Vermutungen anstellen. Dieses Problem sorgt aber dafür, dass die beiden immer eine gewisse Distanz bewahren. Da beide sich von Vorurteilen leiten lassen, kommt es auch zu der einen oder anderen unangenehmen Situation, die die Beziehung erschwert. 
" Nicht mehr als zwanzig Zentimeter lagen zwischen ihren Gesichtern, doch die Membran, die unsichtbare Membran war wieder da. War immer da gewesen."*
Das Verhältnis der Beiden ändert sich erst dank Naime und dem Vögelchen.

Als Charaktere sind Jule und Asman toll gewählt. 


Jule lernt man von Anfang an richtig gut kennen. Sie ist ein ängstlicher Mensch, der sich viele Gedanken macht, der selber zwischendurch an der Wirklichkeit der Geschehnisse zweifelt, der unbedingt helfen möchte. Jules Charakter ist wunderbar ausgearbeitet und man kann sich gut in sie hineinversetzen.

Von Asman erfährt man sehr langsam wer er ist und was er erlebt hat. Es sind vergleichsweise wenig Passagen, die aus Asmans Sicht geschrieben sind. Trotzdem fühlt man sich auch in diesen Abschnitten als wäre man mittendrin, da diese in der Du-Form geschrieben sind. Dadurch und durch seine Erzählungen Jule gegenüber erfährt man auch von ihm mehr.

Auch die anderen Charaktere, von denen man nicht so viel mitbekommt sind alle gut durchdacht und perfekt in die Geschichte eingebunden. 
Die wichtigsten sind wohl Evelyn, Hassan, Naime,Nikoletta und Kostas. 
Über Evelyn erfährt man einiges, da Jule viel an sie denkt und auch oft über sie erzählt, zum Beispiel wie mutig sie ist und was sie machen würde, wenn sie bei Jule wäre. Und auch wenn sie daheim geblieben ist, versucht Evelyn ihrer Freundin so gut es geht aus der Ferne mit Rat zur Seite zu stehen. 
Hassan ist aus Asmans Gruppe und hätte gerne, dass Asman Jule ausnutzt. Er versucht Jule Schuldgefühle zu vermitteln und fasst sie das ein oder andere Mal falsch an. Hassan scheint verbittert und egoistisch, er trägt aber definitiv zur Geschichte bei in dem er versucht Asman zu beeinflussen. 
Naime ist ebenfalls mit Asman auf die Insel gekommen. Man weiß allerdings relativ lange nicht in was für einem Verhältnis sie zu Asman steht, das sorgt zusätzlich für Spannungen zwischen Asman und Jule.
Nikoletta und Kostas sind von der Insel und Jule hat immer wieder mit ihnen zu tun. Man könnte sagen, sie sind ihre Ansprechpartner dort. 
Allerdings weiß man nie so ganz wem man trauen kann, da Hassan versucht Asman zu beeinflussen, sodass beiden nicht so richtig vertrauenserweckend sind. Nikoletta redet ab und zu wirres Zeug und Kostas hat ein Geheimnis. Aber genau diese Tatsachen macht es immer wieder spannend.  

Außerdem wird so ziemlich jede Meinung zum Flüchtlingsthema durch die übrigen Charaktere aufgegriffen: komplett dagegen, verständnisvoll aber skeptisch, ängstlich, hilfsbereit und so weiter.


Der Schreibstil ist außergewöhnlich und er fesselt einen an dieses Buch! 



Den bildhaften Schreibstil habe ich ja bereits erwähnt. Dieser sorgt dafür, dass man sich genauer auf das Buch konzentriert, da man Angst hat sonst etwas zu verpassen. Dadurch braucht man zwar vielleicht ein bisschen länger für das Buch als sonst, aber man fühlt sich auch mittendrin, weil es so schön und genau beschrieben wird, an vielen Stellen. Zu genaue Beschreibungen rufen ja oft Längen hervor, das ist hier - finde ich - nicht der Fall.

Insgesamt hat dieses Buch mich zwar ziemlich fertig gemacht und kaum mehr losgelassen, trotzdem finde ich es toll! Ein Buch, was einen richtig begleitet, was so nah an dem dran ist, was im Moment passiert! Ein Buch das eine Liebesgeschichte zwischen zwei Welten erzählt, die mit Misstrauen und Vorurteilen gespickt ist. 
Einfach ein Buch was einen richtig zum Nachdenken bringt! 

Ich finde es lohnt sich das Buch mal zu lesen, wenn man sich auf eine Geschichte einlassen kann und möchte, die nicht spurlos an einem vorbei geht.

Was sagt ihr zu diesem Buch? 

Küsschen!

Quellen: siehe Link in der Überschrift 
* Zitat aus Grenzlandtage, siehe Quellen

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